Hohen Wangelin
Die Zeiten, in denen auf dem Platz in Hohen Wangelin um jeden Ball gekämpft wurde, gehören der Vergangenheit an. Der Kapitän klagt nicht nur über Verletzungspech, sondern auch über fehlende Moral.
Mit hängenden Köpfen schleichen Heiko Kasimir und Marcus Jättkowski über den Fußballplatz. Der Fußballpräsident und sein Mannschaftskapitän. Der „Acker“ ist aufgeweicht, gerade haben sich die Grasnaben vom Frost befreit. Heiko Kasimir kann immer noch nicht anders und muss über den Zustand des Platzes schimpfen. Mehr braun als grün. Wie auch sonst: Die Maulwürfe in Hohen Wangelin müssen sich keine Störungen mehr gefallen lassen. Keine Stollen mehr, die den Rasen pflügen, kein Geschrei, keine Kreide, die den 16er und die Mittellinie kennzeichnet. Aus Hohen Wangelin hat sich der Fußball verabschiedet.
Nur noch neun Spieler auf dem Platz
„Im Dezember war Schluss“, erzählt Heiko Kasimir (45), der letzte Fußballpräsident, „wir haben die Mannschaft aus der Kreisliga West abgemeldet“. Nur noch neun Unentwegte hätten bei dem letzten Punktspiel gegen Penzlin auf dem Platz gestanden und 0:3 verloren. „Mit neun Mann, immerhin. Moralischer Sieger waren wir auf alle Fälle“, will sich Kapitän Marcus Jättkowski das letzte Spiel aber von niemandem schlecht reden lassen. „Sogar der Schiedsrichter hat das gesagt.“
Wie kaum ein anderer leidet Jättkowski jetzt. Der kräftige 28-Jährige will immer noch nicht fassen, dass der SV Hohen Wangelin künftig in keinem Spielbericht mehr auftauchen soll. Dabei hat es Zeiten gegeben, in denen die legendären Schlachten der Wangeliner Kicker am Montag Dorfgegespräch Nummer eins gewesen sind. Jättkowski schwärmt von zwei Sternstunden, die er im Leben nicht vergessen will.
2006 im Bezirkspokal-Finale
2006 stand die Mannschaft im Finale des Bezirkspokals, nachdem in der Runde der letzten vier die Truppe aus Jarmen im Elfmeterschießen vernichtet wurde. „Mit zwei Bussen sind die Fans zum Endspiel nach Tutow gefahren.“ Aber gegen Ueckermünde wurde das Endspiel mit 0:2 verloren, ohne den gesperrten Jättkowski. Und jener sagenhafte Sieg in Nossentiner Hütte, damals noch in der Bezirksklasse: „Zwei zu Null führen wir dort, in der 90. Minute steht es 3:3, in der Nachspielzeit machen wir das Siegtor.“ Ein Sieg in „Hütte“, dem nicht gut gelittenen Rivalen aus der Nachbarschaft, war für die Wangeliner immer wie gefühlte sechs Punkte. „Die Bierflaschen wurde gleich auf dem Platz geöffnet, damit wollte niemand bis in die Kabine warten.“
Zu viele Absagen
Heiko Kasimir seufzt. Aber es ist eben so, wie es ist. Schienbeinbrüche und Kreuzbandrisse bei Stammspielern wie Florian Timm und Felix Mohnke, eine ganz alte Verletzung beim Kapitän, die sich wieder bemerkbar macht. „Wir hatten schon verdammt viel Pech.“ Dazu Spieler, die regelmäßig Sonnabends arbeiten mussten und immer wieder einige, die viel lieber Party machten. „Ich hatte das auch satt“, klagt Marcus Jättnowski, „Freitags musste ich immer bei allen anrufen und fragen, ob sie spielen können.“ Zu viele Absagen regelmäßig. Und beim Abschlusstraining nur vier oder fünf Mann – was sollte das?
Manche wollen es noch immer nicht glauben
Beide zusammen informierten dann die Mannschaft im Dezember von den folgenschweren, aber aus ihrer Sicht logischem Entschluss. „Und dann gab es immer noch einige, die wollten das nicht wahrhaben.“ Aber die leben eben in der Vergangenheit. „In der Saison 2012/13 lief es auch noch super, da blieben wir mal zwölf Spiele am Stück ungeschlagen und haben als Neuling sogar Lansen-Gievitz mit 7:0 vom Platz gefegt.“ Schon wieder seufzen beide Männer. Die sich auch beklagen über den Kreisfußballverband und dessen hohen Strafen, wenn der Schiedsrichter fehlt oder die Mannschaft nicht antreten kann. „Ach“, winkt Heiko Kasimir ab, „alles vorbei“.
Hohen Wangelin ohne Fußball kann sich der Kapitän immer noch nicht vorstellen. Bis zu 50 Zuschauer waren bei Heimspielen dabei, viele Feten fanden ihren Anfang nach dem Schlusspfiff. Was er jetzt am Wochenende machen will, weiß Marcus Jättkowski aber schon ganz genau: „Ich fahre dann nach Hütte, wenn die ein Heimspiel haben und drücke den Gästen die Daumen“. Man müsse sich jetzt eben neue Höhepunkte schaffen.
Quelle: Nordkurier Artikel vom 10.02.2014